(02. - 12. Februar 2010)
Bijapur ist eine durch und durch arabisch gepraegte Stadt, die lange Zeit das Zentrum des Sultanats der Region war. Man bekommt eine Vorstellung von der Pracht und dem Reichtum von Bijapur in frueheren Tagen, wenn man sich das praechtige Grabmal des Sultans (Golgumbaz), welches die zweit groesste Kuppel der Welt ueberdeckt (die groesste ist im Petersdom), und das Grabmal seines Prinzen Ibrahim Rauza anschaut.
Bevor wir uns das alles zu Gemuete fuehrten, mussten wir zuerst mal dort ankommen :-), was wir auch ziemlich muede nach einem halben Busreisetag schafften. Wir machten uns in der Mittagshitze mit den grossen Rucksaecken auf, unsere Unterkuft zu suchen. Nachdem wir keine Ahnung hatten, wo wir uns befanden, waehlten wir schliesslich die Faulenzermethode und liessen uns zu einem Hotel per Rikscha hinfahren. Nachdem wir ein paar Mal Hotel wechselten(zu teuer) fanden wir eines das unseren Preisvorstellungen entsprach und quartierten uns ein. Den naechsten Tag begannen wir mit dem Golgumbaz, wobei wir gleich merkten, dass der Sultan beim Bau einfach pure Groesse im Sinn hatte – das Gebaeude wirkt kalt und leer.
Es wurde von vielen Schulklassen besucht, die natuerlich die Fluestergallerie(echo in der Kuppel) ausfuehrlich nuetzten – allerdings nicht zum Fluestern, sondern indem sie schrien und pfiffen. Da das Echo in der Kuppel ca 9 mal wiedergegeben wird kann man sich den Laerm vorstellen.
Wir liessen uns dann mit einer Pferderikscha (hier Tonga genannt) zum 2ten grossen Highlight bringen, dem Ibrahim Rauza Grabmal, das ein Prinz fuer sich und seine Familie bauen lies. Es war zwar weniger imposant aber durch die feinen Verzierungen und die Grazie der arabischen Architektur sehr schoen.
Leider machte es wie auch der Golgumbaz einen ziemlich verlotterten und vernachlaessigten Eindruck. Man hat das Gefuehl, der indischen Masse liegt das Geschichtsverstaendnis und der Respekt vor den schoenen Bauwerken nicht besonders.
Am Rueckweg spazierten wir durch die ganze Stadt und kamen auch bei der alten Moschee vorbei, in die wir einen Blick warfen. Die Moschee Jama Masjid war relativ einfach aber wunderschoen mit einem gruenen Innenhof und ein Ort, der absoluten Ruhe und Stille. Wir genossen es sehr.
Uebrigens war das eine der wenigen Moscheen, die wir besuchen durften als Nichtmoslems - nur die Moslems (in den Heiligtuemern jeder anderen Religion, der wir auf dieser Reise begegneten, wurden wir mit offenen HAenden willkommengeheissen) scheinen im Bezug auf Andersglaeubige ziemlich untollerant und pingelig zu sein. Schade.
Nach einem weitern halben Tag, den wir hauptsaechlich im Markt und mit durch die Stadt schlaendern verbrachten, ging das letzte grosse Indienabenteuer los, das uns bis jetzt in Indien noch fehlte – die Reise mit dem groessten Arbeitsgeber der Welt (1,4 Millionen Beschaeftigte), der indischen Eisenbahn.
Ein Nachtzug sollte uns in einer 16 Stuendigen Reise von Bijapur nach Mumbai bringen, wo wir uns dann mit Franzi treffen wollten.
Das Abenteuer begann am Bahnsteig, wo wir zwar den Zug identifizierten, aber keine Ahnung hatten wo wir einsteigen sollten. Ein freundlicher Inder sagte uns schliesslich dass an den Tueren Namenslisten der Passagiere stuenden – wir muessten suchen, wo wir eingetragen waeren. Es war wirklich so, auf jeder Waggontuer stand genau geschrieben, wer wo sass. Okay, auf diese Weise fanden wir unseren Platz im offenen Waggon in unserem offenen Abteil mit 6 Betten, 3 auf jeder Seite des Abteils.
Die Betten ansich waren eigentlich sehr bequem, natuerlich Plastik und ohne Bettdecke, aber damit konnten wir leben :-). Super waren die Essens- und Teeverkaeufer, die in kurzen Abstaenden durch die Abteile gingen. Als es dann dunkel wurde, (wir waren um 15 Uhr gestartet) legten sich alle auf die angestammten Betten. Wir hatten uns vorsorglich einen Wecker hergerichtet, um die Ankunft in Mumbai nicht zu verschlafen – das sollte aber wie wir sahen nicht notwendig sein. Mumbai erstreckt sich ueber eine immens grosse Flaeche und schon gegen 2 Uhr nachts (2 Stunden vor Ankunft) begannen die Passagiere unter lachen und lautem Getoese auszusteigen. Ab dann war an Schlaf nicht mehr zu denken. Als wir schliesslich fast die einzigen Passagiere waren und sich der Zug laenger nicht ruehrte wussten wir – Endstation.
Wir stiegen in der ehemaligen Victoria Station aus, dem Hauptbahnhof Mumbais und einem der groessten Bahnhoefe der Welt. Man sagte uns, hier wuerden taeglich (!!!) ca 2,5 Millionen Passagiere abgefertigt. Man kann sich das Chaos vorstellen, das sogar um 4 Uhr frueh am Bahnhof herrschte.
Wir fuhren mit dem Taxi zu einem Hotel, worauf wir die Mumbaier Taxis kennenlernten. Als mueder Tourist und ahnungsloser Indien-Grossstadtfrischling wurde man gnadenlos uebers Ohr gehauen. WIr bezahlten ungefaher 20 mal den normalen Fahrpreis. Egal. Was aber nun folgte war wahrscheinlich die laengste Hotelsuche unserer Reise – nach ca 3 Stunden, in denen wir von 4 Uhr nachts bis ca 7 Uhr frueh zu Fuss alle erreichbaren Hotels abklapperten, die alle zu teuer oder voll waren, liessen wir uns schliesslich von einem Hotelschlepper, der uns immer hartnaeckig gefolgt war, entnervt in das arabische Viertel fahren, wo wir dann auch tatsaechlich ein nettes und nicht teueres Hotel fanden. Wir verschliefen natuergemaess den Vormittag und trafen uns am Nachmittag in der Innenstadt mit Franzi und ihrere Freundin Miri. Wir freuten uns sehr, da wir ja praktisch seit fast einem Jahr keine bekannten Gesichter mehr gesehen hatten.
Der Abend verging beim Ratschen schnell und so beschlossen wir am naechsten Tag zusammen eine Tour auf die nahegelegene Insel Elefanta zu machen.
Die Tour am naechsten Tag war schoen, die Insel interessant und gespickt mit alten wunderschoenen Hinduhoehlentempeln und wir verbrachten eine schoene Zeit mit Miri und Franzi.
Am Abend schliesslich bestiegen sie einen Nachtzug Richtung Goa und wir beschlossen uns in den verbleibenden 2 Tagen noch etwas mit der Stadt vertraut zu machen.
Ein paar Worte zu Mumbai – nun, Mumbai ist eine richtige indische Grossstadt – mit allem was dazugehoert. Besonders wir im arabischen Viertel bekamen zu sehen, was das Leben fuer viele Inder hier bedeutet. An vielen Stellen ging man am Gehsteig durch Schlaf-oder Wohnzimmer von obdachlosen Familien, die sich an den regengeschuetzten Stellen eine notduerftige Unterkunft bereitet hatten. Allerdings waren wir auch erstaunt ueber so viel positiven Lebenswillen und so viel Kreativitaet. Die Familien bewahrten sich auch auf der Strasse die Wuerde und eine gewisse Wohnraumgestaltung. Es gab eine Kueche, meistens einen verschliessbaren Schrank fuer die wenigen Habseligkeiten untertags und nachts wurden Matten und Mosquitonetze ausgebreitet und aufgespannt. Unter diesen Netzen schlief dann meistens die ganze Familie zusammen – Vater, Mutter und mehrere Kinder. Hygiene gibt es natuerlich nicht, WC ist der Strassenkanal und gewaschen wird direkt am Strassengraben.
Ansonsten ist Mumbai natuerlich ein Mix aus allem – Hindutempel steht neben Moschee, neben Victorianischem Bahnhof, neben dem Wolkenkratzer der Mumbaier Boerse, neben dem 5 Sterne Luxushotel Taj Mahal. Das Taj Mahal wurde uebrigens durch die Terroranschlaege im Jahr 2008 “weltbekannt”, als Terroristen im Hotel mehrere Geiseln nahmen.
Worueber man weinen koennte, ist der Zustand des Meeres und der Umwelt. Es gibt zwar einen Strand direkt vor Mumbai, aber es heisst man soll dort auf keinen Fall schwimmen, da das Wasser hochgradig toxisch (giftig) ist. Da praktisch weder Klaer- noch Filteranlagen in der gesamten 20 Millionen Einwohner Stadt vorhanden sind, ist die Verseuchung auch kein Wunder.
Die Mumbaier machen das Beste daraus, spielen zu hunderten auf einer der wenigen oeffentlichen Gruenflaechen Kricket (das Englisch/Indische Nationalspiel), kaempfen sich durch die Abgase, durch die Autoblechlawinen und – vor allem – durch die Menschenmassen. Wir lernen langsam die indische Ellbogenmentalitaet zu verstehen – wer sich hier nicht durchkaempfen kann, geht unter.
Wir geniessen unsere letzten Tage in dieser durch und durch indischen Stadt mit indischen Vergnuegen :-): einkaufen, schauen, Stadtbummeln und sogar einem Kinobesuch.
Ein kleiner Abstecher sollte noch erwaehnt sein. In Mumbai wurde naemlich das Lachyoga erfunden, ueber das Dani ja seinerzeit ihre Diplomarbeit geschrieben hatte. Sie hatte sich gewuenscht dessen Wurzeln kennenzulernen und den beruehmten Park, in dem alles begann, zu besuchen. Da wir Hoffnung hatten, dort in der Fruehe vorm Arbeitsweg vielleicht Leuten beim taeglichen Lachen zu begegnen, starteten wir im Stockfinstern mit dem Taxi in die noerdlichen Aussenbezirke. Wir hatten als Anhaltspunkte nur die ungefaehre Lage und den Namen des Parks.
Als wir dann in den Aussenbezirken ankamen, hatte natuerlich noch nie jemand von den Parks gehoert – wir versuchten uns durchzufragen, mussten aber nach einer Weile aufgeben. Wir goennten uns ein gutes indisches Fruehstueck (Masala Dosa - Art hauchduennes Omlett mit Kartoffelpaste und Pooris - in Oel gebackene Teigkrapfen, beides natuerlich sauscharf) und warteten bis die Internetcaffees aufmachen – eine Internetrecherche sollte uns mehr Infos liefern. Gesagt, getan, Google machts moeglich, Bezirknamen gefunden und hingefahren. Es war inzwischen natuerlich schon Vormittag, sodass wir keine Hoffnung mehr hatten, Lachyogaer anzutreffen. Wir fanden schliesslich den Park, der sich etwas enttaeuschend als ziemlich klein und unscheinbar herausstellte – nebenbei wurde er gerade umgebaut. Wir erfuhren, dass wohl Leute zum Lachen kommen wuerden, allerdings nur ein sogenannter Lachclub und dieser nur an einem voellig anderen Tag der Woche. Naja egal, zumindest hatten wir es versucht und hatten den Park, in dem Lachyoga begann, gefunden :-).
Zurueck gings mit einem Taxifahrer, der uns fuer ahnungslose Opfer hielt und eine grosse Extrarunde mit uns drehte bevor er uns an unserem Ziel absetzte. Wir warnten ihn mehrmals (was er mit Lachen quittierte) und drueckten ihm dann schliesslich einfach den angemessenen Betrag in die Hand(den wir bei der Herfahrt auch bezahlt hatten), den er zu unserer Verblueffung lachend annahm. Der Taxameter hatte natuerlich einen viel hoeheren Betrag angezeigt. Er hatte wohl seinen Irrtum an uns bemerkt und lachte scheinbar darueber. So sind die Inder – fuer uns Europaer sehr schwer zu verstehen.
Dann gings wieder mit der Eisenbahn zurueck nach Mumbai – ein echtes indisches Abenteuer. Der Waggon gesteckt voll von Menschen, die sich grad noch an den Tuergriffen halten konnten.
Schliesslich liessen wir uns von einem Taxi noch die letzte Strecke auf indischem Boden bringen – zum Mumbaier Flughafen. Dann verliessen wir das extrem wiederspruechliche, aber wunderschoene und auch extrem freundliche Land, das uns alle Empfindungen beschert hatte – von grosser Freude bis hin zu grossem Zorn :-).
Wir bestiegen am abend das Fluegzeug, das uns ueber Madras nach Kuala Lumpur bringen sollte; in der Fruehe kamen wir an. Von dort gings dann, nach einem am Flughafen verschlafenen Tag, weiter nach Indonesien, dem letzten Land unserer Reise.
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good….